Minecraft _ist zum Schauplatz einiger der aufregendsten Geschichten des Internets geworden. Schlachten, dunkle Magie und der Aufstieg und Untergang von Helden – all das spielt sich auf dem Dream SMP ab. Der Survival-Multiplayer-Server ist inzwischen beliebter Bestandteil des _Minecraft-Universums und wird von bekannten Streamern wie Dream, GeorgeNotFound und TommyInnit für storybasiertes Rollenspiel genutzt. Intrigen, Verrat und jede Menge Drama offenbaren sich dort vor einem epischen Fantasy-Hintergrund. So entsteht eine einzigartige und interaktive Art des Storytellings, das eine Community interessierter und kreativer Fans aus aller Welt anlockt.
Die Fangemeinde umfasst auch eine Community von Künstlern – darunter Musiker, Bildkünstler, Autoren und andere Kreative –, die mit der Kulisse und den Charakteren des Spiels improvisieren und die Geschichten durch verschiedene neue Medienformate erzählen. Die so entstehenden Inhalte zu Minecraft auf YouTube mögen ungewöhnlich erscheinen. Doch sind die Werke so umfangreich wie vielfältig und sprühen geradezu vor Energie und Tatendrang. Das zeigt sich auch in den Videos der 21-jährigen Musikerin Derivakat, die zum Minecraft-Barden auf YouTube wurde.
In ihrer Sammlung Records of the SMP, die sie 2021 veröffentlichte, erzählt Derivakat Geschichten des Dream SMP mit stimmungsvollem Gesang und mitreißenden Produktionen, die von Hymnen im J-Pop-Stil über experimentellen Hip-Hop bis hin zu Ambient-Tracks reichen. Ihre Lieder handeln von den Dramen, die die Charaktere auf dem Server erleben. Teilweise fasst sie die Handlung zusammen, wie in ihrem Song „REVIVED“, aber sie taucht auch in die Emotionen und tieferen Themen hinter den improvisierten Rollenspielen ein. Oft werden ihre Songs von den lebhaften Grafiken anderer Fans unterstrichen, die die beliebtesten Charaktere des Dream SMP zeigen. Diese Bilder bieten einen Einblick in die Vorstellungskraft von derivakat und Dream SMP-Fans die Möglichkeit, auf noch persönlicherer Ebene mit den Geschichten zu interagieren. Derivakat ist nicht nur eine talentierte Produzentin und Songwriterin – ihre Musik spiegelt auch ihre Liebe und Begeisterung für den Dream SMP wider und eröffnet den Fans einen neuen Zugang zu dem Universum, das die Creator geschaffen haben.
Im Interview erzählt Derivakat von ihrem Weg in die Dream SMP-Community und über die komplexe Welt, die sie in ihren Songs festhält.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Ich habe auf dem College Musik studiert und wusste schon ganz lange, dass ich Musik machen will. Die Dream SMP-Musik war eigentlich nur ein kleines Projekt, an dem ich während des College arbeiten wollte, um meiner Leidenschaft nachzugehen. Ich fühlte mich in vielen meiner Kurse kreativ eingeschränkt in Bezug darauf, welche Musik und über welche Themen ich schreiben konnte. Ich komponierte also eher, um gute Noten zu erhalten, und nicht für mich selbst. Die SMP-Musik war eine Befreiung. Ich konnte einfach komponieren, was ich wollte. Wenn es anderen gefiel – umso besser. Und den Leuten gefiel es _richtig _gut. Meine Songs wurden ein riesiger Erfolg.
Wer oder was hat dich musikalisch beeinflusst?
Das lässt sich schwer sagen, weil ich in so vielen unterschiedlichen Genres unterwegs bin. Ich konzentriere mich auf eingängige Hooklines und habe eine bestimmte Art, Melodien zu komponieren. Das Abmischen und Mastering meiner Songs ist immer relativ ähnlich. Es gibt also schon einen roten Faden in meiner Musik. Die Klänge, Stimmung, Emotionen und Inhalte meiner Songs sind aber immer unterschiedlich.
Wie bist du zur Dream SMP-Community gekommen?
Letzten Dezember hat mir ein Freund den Dream SMP vorgestellt. Dieser Freund hatte sich den Dream SMP schon eine Weile lang angesehen. Ständig hieß es: „Ich kann nicht, ich sehe mir einen wichtigen Lore-Stream an!“ Also erzählte er mir von dem Server und den Geschichten. Die Community besteht aus vielen verschiedenen Leuten, unter anderem auch Autoren und Musikern. Mein Freund meinte: „Es gibt Künstler, die Songs über die Handlung schreiben, so was wie Zusammenfassungen in Liedform.“ Das fand ich echt cool, also probierte ich es selbst aus – und die Zuschauer waren begeistert.
Was ist am Dream SMP so besonders?
Der Dream SMP ist fast wie ein Musical oder ein Theaterstück – ein Liveauftritt über das Internet. Es muss also improvisiert und mit der Stimme gespielt werden. Somit ist es ein eher ungewöhnliches Medium für das Storytelling. Außerdem gibt es all diese Künstler in der Community, die daraus traditionelle Medien erstellen. Das ist auch sehr interessant, wenn jemand solche Inhalte in ein traditionelles Medium umwandelt, das wir auf die übliche Art und Weise als Kunst erleben können. Das macht unsere Community so besonders. Außerdem ist sie wirklich einladend, offen und aktiv.
Ich hatte schon Kontakt mit Mitgliedern des SMP, aber sie sind nicht involviert, wenn ich Songs schreibe. Ich bitte sie nicht um Einblicke in die Entwicklungsgeschichte ihres Charakters, da ich glaube, dass die Charaktere so interpretiert werden sollten, wie sie sie öffentlich präsentieren. Außerdem setze ich auf meine Fähigkeit, Charaktere zu analysieren. Üblicherweise verwende ich Aspekte der Geschichten, die mich am meisten inspirieren, und mache nur selten Songs, die einen Überblick über die Handlung liefern.
Wie hat die Community auf deine Musik reagiert?
Teilweise ist es echt überwältigend, wie interessiert die Leute sind. Alle wollen, dass ich immer mehr Songs produziere. Ich konzentriere mich vor allem auf die Dinge, die ich persönlich schreiben möchte und die mir am sinnvollsten erscheinen. Wenn die Leute aber andere sinnvolle Songideen haben, dann erfülle ich solche Wünsche natürlich.
Wie sieht dein Prozess aus? Wie lange brauchst du, um einen Song zu produzieren?
Für einen Song brauche ich zwischen einem Tag und mehreren Monaten. Es dauerte zum Beispiel etwa 24 Stunden, um „Turn Back Time“ fertigzustellen. Andere Songs wie „Casino Royale“ und „REVIVED“ haben aber drei bis vier Monate vom Entwurf bis zur Master-Aufnahme gebraucht. Manchmal ergibt sich alles fast wie von selbst und ich kann schnell Entscheidungen treffen. Dann gibt es wieder Konzepte, die deutlich komplexer sind, und ich muss den Song immer wieder überarbeiten, bis ich damit zufrieden bin. Es gibt keinen festen Ablauf dafür, wie ich meine Songs schreibe. Manchmal habe ich zuerst eine Textzeile oder Melodie und manchmal beginne ich mit der Produktion und Komposition.
Wie entstehen die visuellen Elemente deiner Videos?
Für die meisten meiner Videos habe ich Künstler aus meiner Community beauftragt. Normalerweise sende ich ihnen einen Entwurf des Songs und einige Ideen und Konzepte für Bilder. Manchmal erstelle ich auch eine grobe Skizze, wenn ich eine Idee für die Gestaltung habe. Meistens lasse ich den Künstlern jede Menge kreativer Freiheit, da ich gern sehe, wie die Musik und die Konzepte sie inspirieren.
Hättest du jemals erwartet, dass deine Songs so beliebt sein werden?
Nein, überhaupt nicht. Mein Stil, wie ich Musik schreibe, und der Klang meiner Musik sind ein wenig anders als die Musik, die andere in dieser Community veröffentlichen. Mir war also bewusst, dass ich in gewisser Weise eine Nische in dieser Community gefunden habe. Ich hatte aber keine Ahnung, dass das Ganze sich zu dieser unglaublichen, lebensverändernden Sache entwickeln würde. Eine echt verrückte Erfahrung.